Nachfolgend geht es nicht um ein wortspielerisches Aufnehmen von Begriffen, Phänomenen und Tatsachen, sondern um ein Ausdifferenzieren der den Technologien inhärenten Bezugssysteme. Die Begriffe Avatar und Indra_net sollen sowohl als Symptom für eine zeitgenössische kulturelle Praxis als auch parallel dazu als reale technologische Erscheinungsformen beschrieben werden. Es gilt einer Verfahrenslogik der Kunst nachzuspüren, die diese Phänomene rekontextualisiert, Assoziationen provoziert und weiterführende theoretische Reflexion ermöglicht, die durch versprachlichte Zusammenhänge allein nicht geleistet werden können.
In der Cutting Edge Kunstproduktion werden Metaphern der Netzkultur überzogen und einem ironischem Tournament1 gleich subversiv materialisiert, wofür jene Denkmuster Referenzen leisten, auf denen heute Kommunikation und Software basieren. Eine anschauliche Referenz dafür liefert beispielweise die 3D-Sprache für das Internet Virtual Reality Modeling Language2 als ein plattformübergreifender Protokoll-Standard zur Darstellung von dreidimensionalen Objekten und Umgebungen in Echtzeit innerhalb eines Webbrowsers. Interessant in diesem Zusammenhang sind rückblickend jene Erwartungen, die in dieses sogenannte "Human Interface of the Web" gesetzt wurden, nachdem die Bewegung in Raum und Zeit als Voraussetzung zum Verständnis von weiteren Informationsdimensionen angesehen worden war. In gemeinsamen "communitybasierten" Anliegen und Anstrengungen wurde die Syntax zur 3D Szenenbeschreibungssprache innerhalb nur eines Jahres 1997 als ISO Standard für das Internet anerkannt. Das Denkmodell einer dreidimensional interkonnektionistisch verwobenen Welt wechselseitiger Abhängigkeit, in der es um die Interpolation und das Echtzeitrendering zwischen einzelnen vordefinierten Viewpoints geht, bezieht sich als offizielles Erklärungsmodell direkt auf mythologische Vorstellungswelten. Einerseits können diese konkreten Versuchsanordnungen zur Netzkultur online verortet und kontextualisiert werden und andererseits werden - intentional oder beiläufig, niemals aber zufällig denn immer symbolisch konstruiert - Fragestellungen zu diesem Online-Zusammenhang nicht allein im Netz gestellt, sondern im physisch erlebbaren sogenannten Realraum als Objektile3 realisiert. Von Deleuze und Guattari mit ihrer Vorstellung von Diskursivitätsbegründern statt Autoren inspiriert, entsprechen Objektile einem Konglomerat aus visuellen und akustischen Versatzstücken im elektronischen Milieu des Cyberspace, die auf Diskurs abzielen. Gesellschaftliche, politische, ökonomische und technologische Gegebenheiten verdichten sich in derartigen Netzkunst-Anordnungen und könnten als reale Media Studies bezeichnet werden.
Einsichten in diese neuen kulturellen Praxen in Bezug auf Computer und neue Medien im Bewußtsein der Verflochtenheit, oder kurz Intertwinedness4, von realen Phänomenen mit sogenannten virtuellen werfen Schlaglichter sowohl auf das Netzleben als auch auf neue Kulturformen der Gegenwart. Denn die Themen der Computer- und Netzkultur sowie Online-Lebenszusammenhänge und damit die Auseinandersetzung mit Fragen der Identität gehen unmittelbar mit Fragen der Bildung von Differenz und Redundanz in der Programmierung einher.
Wir leben als Avatare im Inter_net. Avatare leben im Indra_net.
Indra_net gehört zu jenen Intra_net Begriffen, die nach wie vor einer elitären Cyberkaste5 mit einem speziellen Insider-Wissen vorbehalten sind. Postkoloniale 3rd World Strukturen werden in soziales Verhalten und Software integriert, dienen als Erklärungsmodell und Softwareblueprints der Netzkultur. Die Cyberpublic Öffentlichkeiten sind nicht nur diskursiv, sondern produktiv: Indien ist momentan weltweit der an Menge größte Softwareproduzent. Allgemein transhumanistische Tendenzen werden mit den Eliten der Cyberöffentlichkeit gleichgesetzt, die sich aufgrund ihres Insiderwissens um bestimmte technologische Syntaxen als abstrakt symbolisch codierende reine Superhumans sehen (vgl. Extropians). Im neokeynsianischen Web3D werden die Organisationsformen dieser aus bestimmten politischen Kontrollbedürfnissen definierten Öffentlichkeiten deutlich. Da Avatare die Attraktivität im voll immersiven dreidimensionalen Netz erhöhen, werden sie im auf der Ökonomie der Aufmerksamkeit basierten Netz hoch gehandelt.
Ursächlich haben Avatare6 nichts mit dem Web zu tun, denn sie treten bereits seit den ersten textorientierten Mutliuserumgebungen und frühen mehrdimensionalen Datenumgebungen in Erscheinung. Grafische und textbasierte Avatare wurden mit virtuellen Rollenspielen, sogenannten MultiUserDungeons (MUDs) populär. Avatar, etymologisch aus dem Sanskrit kommend, im Hinduismus eine Verkörperung eines göttlichen Willen wurde von Technohippies in den ersten grafischen Kommunikationsumgebungen (MUDs) eingeführt. Habitat etwa, von Chip Morningstar und Randy Farmer für Lucasfilm entwickelt, war 1985 das erste grafisches Multiuserspiel für Amiga und Labyrinth7 wurde als frühester technologischer Vorschlag für ein 3D Austauschformat für das Netz wurde beim ersten internationalen WWW Consortiums Treffen in Genf 1994 vorgestellt. Die daraus entwickelte "Moving Worlds Spezifikation" liess eine Softwarephilosophie erkennen, die sich auf Community-basierte Prozesse stützt. Die Syntax des technologischen Formats enthält Transformknoten, die eine eigene Avatarinformation angeben sowie Navigations-, Fortbewegungsart und Viewpoints definieren, womit bestimmte Blickwinkel auf Zusammenhänge protokollbedingt nur aus der Sicht des Avatar möglich sind. Als Avatar kann das Bezugssystem der Betrachtung verlassen und im Examine View ein objektorienterter Zusammenhang von allen Seiten - dem God Mode entsprechend - untersucht werden. Damit werden Linkstrukturen und relationale Objekte in der 1st Person View, die wir seit dem Aufkommen der Arcade Games8 kennen, in Echtzeit erfahren.
Für jene technologischen Formate und objektorientierte Sprachsyntaxen, die die Struktur des mehrdimensionalen elektronischen Netzes bedingen und bei denen Ausschnitte des Netzes nur aus der Perspektive des Avatar gesichtet werden können, dient das Indra_net als Vorstellungsmodell für einen dreidimensional strukturierten und mehrdimensional vernetzten, multivariaten Raum (also ein mehrere Variablen betreffendes elektronisches bzw. softwarebasiertes Geflecht), der Daten und abstrakt symbolische Objekte in raum- bzw. objektbezogene Relationen setzt. Metaphysische Modelle wie das Indra_net dienen als Inspirations- und Identifikationssystem für Netzstandard- und Softwareentwickler und bedingen indirekt den Netz-Aufbau und die elektronische und logische Topologie und Topografie des 3rd Web. Pioniere des 3D Standards für das Netz, wie beispielsweise Marc Pesce oder Toni Parisi beschreiben das durch die Online-Applikationen verkörperte digitale 3D Netz als Umsetzung dieser magischen Metapher eines Lebens-Netzes, das nicht nur alle benachbarten Juwelen9 eines imaginären kosmischen Netzes reflektiert, sondern auch seine Struktur von Verbindungen zwischen diesen Juwelen ( entspricht Knotenpunkten bzw. im Softwareprotokoll Syntax Nodes) in jeder seiner eigenen Facetten wiederum abbildet.
Shakyamuni Buddha veranschaulicht im Flower Garden of Sutra Indra_Net als dreidimensionales Netz der wechselseitigen Durchdringung von Identitäten in einer phänomenologischen Realität: "According to the Hua-Yen philosophers who obsessed over the Flower Garden Sutra in seventh and eighth century China, the vision of the sutra can be understood through the image of the Net of Indra: High above heaven, on the roof of the palace of the ancient sky-god Indra, there hangs a resplendent canopy of crystal jewels, woven into a net that stretches into infinity. Every intersecting eye of the webwork lodges a jewel, and if you gaze into one of these crystal stones, you will see a reflection of the entire jam-packed cosmos of stars and worlds -- not to mention the simultaneous reflection of every other jewel in the network. ...Joanna Macy argues in her book Mutual Causality in Buddhism and General Systems Theory"10.
Indra_net wird in Neal Stephensons Roman Diamond Age11 in Form eines Diamanten-Netzes zitiert, in dem die agierenden Protagonisten ihre Daten über kollektiven Sex12 tauschen. Die Subjekte und ihre Körper werden durch den Austausch von "Wetware" zu Supersex-Avataren im Diamond Age DNA-Computer.
In der 1st World Netzkultur werden also 3rd World Philosophien zur Metaphernbildung und Technologientwicklung appropriiert. Die buddhistisch-hinduistischen Vorstellungen von Indra_net und Avatar liefern assoziative Netzmodelle, aus denen sich Programmiersprachen und Netzwelten entwickeln. Der Begriff Avatar, der im Hinduismus u.a. die Verkörperung eines göttlichen Willens definiert, avanciert seit dem ersten Multiuserspiel Habitat in den 80er Jahren zum Schlüsselbegriff für vermeintliche Verkörperungen von Identitäten oder Visualisierungen von Datapackets in gemeinsam benutzten Netzorten13. TechGnosis, Mythen, Okkultismen und religiöse Untertöne des Informationszeitalters sind dabei ebenso gegenwärtig wie Science Fiction14 Visionen.
Mit grafischen Mehr-Benutzer-Umgebungen etablierte sich der Begriff des Avatar für einen Online-Stellvertreter, der erst in kollektiven Umgebungen, in sogenannten Communities relevant wird. Auch die Software-Standards entstehen einem Beachhead Technologies Selbstverständnis entsprechend als Community Software15 in kollektiver Anstrengung. Das heißt, Techno-Tribes und Ravekultur lösen archaische Ingenieursvorstellungen in cybermystizistischen Mischungen auf und entsprechend schillernd und vielschichtig sind auch jene auf ideologische und philosophische Quellen zurückgehenden neu adaptierten Begriffe der Softwaremodelle.
Das grafische Web wird nun zur dreidimensional vernetzten elektronischen Matrix16, womit Net_Life bzw. Netzleben greifbar und physisch erfahrbar wird: Man spricht vom human Interface of the Web und die 3D Multiuserumgebungen werden von humanoiden Avataren bevölkert. Das 3dimensionale Netz kann als dritte Entwicklungsstufe des elektronischen Netzes gesehen werden, auf der sich nach dem rein textbasierten Netz und dem grafisch zweidimensionalen Netz nun die Texte und Grafiken zu Texturen des Online-Selbst verselbständigen. Navigiert wird durch dieses 3rd Web im Modus der 1st Person View, der eine Online ID voraussetzt, deren Entität, egal ob Bot oder psycho-organische Systemkonfiguration, eine Erscheinungsfom benötigt, um in Online-Welten aufzutreten.
Avatare bewegen sich durch mehrdimensionale Simulationen in dynamischen Echtzeit-Multiuserumgebungen17, die auf einen intertexturalen und strukturalen Raumbegriff rekurrieren. Derartige Echtzeitumgebungen basieren auf symbolischer Repräsentation von Datenpackets und Navigationselementen in einem dreidimensionalen Raum auf/durch/in dem nDimensionen (Informationen, Beziehungen, Verknüpfungen, Relationen) aufgefaltet werden. Verschiedene Viewpoints (hier Sichtweisen auf Contents statt auf Informationen) bedingen unterschiedliche Darstellungsformen der Datapackets (Objektrepräsentationen), wobei der Begriff Avatar nun weniger Online-Identitäten als eben verschiedene Sichtweisen, Viewpoints und Konventionen der Daten-Raumerfahrung impliziert. Neben dem Online 3D Standard für das Internet VRML2.0 bieten hier GameEngines18 weiterführende Welten, die durch accelerierte grafische Echtzeitdarstellung des dreidimensionalen Raumes ein Gefühl der Immersion für den User bedingen. Dies ist die wichtigste Voraussetzung, um weiterführende Dimensionen des Raums mitdenken zu können, wodurch bisher nicht sichtbare aber vorhandene Informationsräume materialisiert werden und vor allem er-fahren und mit anderen BenutzerInnen geteilt werden können. Multiuser ist so gesehen die wichtigste Option neben dem er-gehbaren und er-fahrbaren Raum in vernetzten 3D Games. Vernetzt bedeutet aber nicht immer online, denn die optimale Geschwindigkeit um persönliche Involviertheit/Interaktion zu erreichen bietet bislang nur das Local Area Network (LAN). Obgleich sich bei LAN-Partys die NutzerInnen an realen geografischen Orten treffen, begegnen sie sich im Spiel dennoch als Avatar.19
Die Praxis der aktiv zeitgleich fliessenden Selbstkonstruktion als Avatar im elektronisch echtzeitbeschleunigten Netz muss genauer ins Auge gefasst werden, denn nicht nur der Text konstituiert die Online-Präsenz, sondern auch die Reaktionsgeschwindigkeit, Sichtbarkeit, potientielle Verfügbarkeit als Datenkörper sowie andere Input-Möglichkeiten im Netz, die der Erzielung von Aufmerksamkeit dienen. So etwa ist die Kontrolle über die Netz-Paratexte durch den souveränen Umgang mit Programmierungen und die Verfügungsgewalt über die Syntax der Datenaustauschformate als aktivistischer Weg der Online-Präsenz als Hybrid aus Datenkörper und fiktionalem Textkonstrukt besonders attraktiv.
Online-Welten können dann eingesehen werden, wenn das Selbst die Rolle des Beobachters zugunsten jener des Beobachteten aufgibt. "Voyant se Voir" - das konstruierte Subjekt des sich selbst Sehenden im Sinne Roland Barthes - heißt sich selbst in der 1st Person View, der Sicht des aktiv Erlebenden, vom Viewpoint des Avatars im digitalen Netzleben aus zu sehen. Das gesteigerte Echtzeit-Erleben in vernetzten 3D-Umgebungen wird aus dem Blickwinkel des aktiven Spielers wahrgenommen, der selbst unsichtbar bleibt oder aber lediglich seine Shooting Hand sieht, allen anderen aber als Avatar erscheint.
Eine Avatar-Kritik kann sich in Zukunft an diesem Themenkomplex festmachen, denn der reine symbolische Code der Moderne scheint ebenso wie die Auflösung fester Identitätskernels in der puren Syntax von Programmiersprachen erfüllt zu werden und wird als Erfüllungsort ins Netz projiziert. Die Vatersprache zwischen 0 und 1 besteht hier als strukturelles Grundgesetz des Netzes, das es nun zu unterminieren gilt. Eine solche noch ausstehenden "Protokollsprachkritik" kann nur dort anknüpfen wo die Netzkritik stehen geblieben ist, d.h. eine grundsätzliche Reflexion von Concepts über den Content hinaus steht hier an.20
Bislang dominiert die Analyse der fiktionalen Identität oder der Hinweis auf den kolportierten Inhalt, das sogenannte Content Providing als Material der Avatarforschung, das sich nun von der Betrachtung des Mediums per se lösen will. The medium is the massage allein ist nicht mehr attraktiv genug, zu selbstverständlich sind heisse Medien sowieso und die kalten vernetzten mittlerweile auch schon geworden. Aber Phänomene wie Interpretationsvariabilität bleiben auch im neu reflektierten Content bestehen, weswegen es nun um den Coding Aktivismus, das Neudefinieren bestehender Standards durch den verschobenen symbolischen Gebrauch, die Rekombination von Protokollen, das Sampling von Skriptknoten und die Neueinführung von Protos21 aus anderen Zusammenhängen gehen kann.
Die Schnittstellenfrage ist hier sowohl in technischen als auch symbolischen Erfahrungsräumen und somit insbesonders im Kontext einer mediatisierten Kunst von Bedeutung. Konnektive Schnittstellenexperimente wie beispielsweise die Installation Aviatarik22 aus der Reihe Der Künstler als Avatar #19 von Thomas Feuerstein fokussieren deshalb auf einen immersiven Symbolraum, um eine allegorische Multiuserumgebung zu entwerfen, die technische, semiotische, mythische und politisch-ökonomische Räume miteinander vernetzt und künstlerisch textualisiert.
Dass der Künstler zwischen dem Theoretiker und dem Künstler, dem symbolischen Generator und realen Organisator seine Identitätsaspekte changieren kann, ist lediglich eine mögliche Assoziation zum Bild des Avatar als künstliche Persönlichkeit, konstituiert aus Fragmenten eines vermeintlich kohärenten Identitätskernels. Denn gerade der Theoretiker-Avatar bezieht sich in der Analyse des Online-Avatar auf (post-)strukturalisitische Interpretationen eines sich im Spannungsfeld von Selbst- und Fremdkonstruktion konstituierten Selbst, das seine Identität im texturalen durch Echtzeit-Technologien beschleunigten Fluss schreibend konstruiert und lesend dekonstruiert.
Materialisierungen wie die Arbeit Aviatarik funktionieren selbst wiederum als ein Avatar, als ein Stellvertreter für einen technologisch vernetzten Zusammenhang im n-dimensionalen Raum, denn der Informationsraum der geschaffen wird lässt mehrere Variablen zu, die nicht immer sichtbar aber dennoch vorhanden sind. Multivariate Räume entstehen durch die Umschreibung des Objektes, und gerade das massive Objekt (bzw. das reale Flugzeug) ist ein Stellvertreter für die Onlinewelt und ihre Konstruktion. Aviatarik zielt so gesehen auf die mythisch geprägte Technologieauffassung und die Hinterfragung des damit einhergehenden Begriffstransfers, dessen Konstruktion als auch Dekonstruktion auf strukturellen Recherchen im geografisch zuordenbaren etymologisch vermuteten Ursprungsraum basiert. Insofern sind derartig verfestigte Objekte auch nonlocated online in Form von materiell-performativen Inszenierungen mit einem Gedächtnistheater im realen Raum vergleichbar.
Üblicherweise basieren Repräsentationen von Identitäten im Netz auf fiktionalen Persönlichkeiten und ihrer Darstellung in dreidimensionalen Körpern und Texten. Jenseits der fiktionalen Konstruktion bietet das elektronische Netz und seine Protokolle Möglichkeiten der protokollimmanenten Selbstrepräsentation als Datenkörper. Der textbasierte Körper ist aber eine der häufigsten Techniken zur Schaffung fragmentierter Online-Persönlichkeiten. Die Textkörper bringen neue Fragestellungen zur Selbst- und Körperkonstrukion in der Inter(net)zone mit sich. Das ökonomische Ich23 beispielsweise definiert sich auf dem Weg in die Interzone durch e-mail und konstante Kommunikation. Smileys, Emoticons, Textfiguren und auch Web3D sind lediglich Text (AllinOne ASCII) und befinden sich im Jetzt des elektronischen Raumes. Virtual Subjects sind On The Road, inspiriert von William S. Burroghs, Paul Bowles, Jack Kerouac und Allen Ginsburg. Das Netz ist Austragungsort für fiktionale, multiple Identitäten ausgehend von textbasierten Umgebungen, die das Subjekt wie in einem "Whirlpool von Sätzen"24 in die permanente Fluktuation von Text einschreiben. In dieser Situation verliert das Selbst sich selbst und das Imaginäre, die Vorstellungswelt konkretisiert sich in der virtuellen Welt.
Grafische 2and1/2 D und 3D Welten sind kommerzielle Minen. Beispielsweise hat eine 3D Chatumgebung wie Alpha World mehr als 100.000 Teilnehmer, die sich alle auch visuell darstellen wollen. Das heißt, die "Silicon Wetware" Mensch wird im elektronischen Netz zur Datenkonfiguration, womit das Netz als Apparat und der Cyberspace als der zugehörige soziale Raum subjektfreie Sozio-Aktionen zu erlauben scheinen.
Das erste "100 percent virtual Idol" ist die manga-ähnlich eurohybridisierte Ideal-Japanerin Kyoko Date24, die als das künstlich weibliche Daten_Set der weissen männlichen Begierde die perfekte Avatar-Partnerin verkörpert. Wenn sich die Silicon Wetware Mensch als projektives Wesen selbst im elektronischen Netz als Datenkonfiguration erkennt, so hat sich nun auch der Datenkörper neu formatiert. War General Ludd26 als eine der ersten Con-Dividualitäten noch das Projekt einer unscharfen Persönlichkeit, sind Produkte wie E-Cyas27 oder Webbie Tokay28 unpolitische Avatare, die softwaregeneriert (also textgeboren) der Netzkultur als Platzhalter und Verköperung eines omnipotenten Willens diverser Konsortien in Form von Propheten, "Evangelists" und Models dienen.
Virtuelle Identitäten bzw. Avatare werden durch Begriffe wie Multiplizität, Fluidität und Fragmentierung29 beschrieben, was Termini postmoderner Subjektkonstruktion sind. Die praktische Umsetzung postmoderner und -strukturalistischer Vorstellungen findet scheinbar im Jetzt elektronischer Netze statt. In der textbasierten Konstruktion30 virtueller Identitäten, in MOOs scheint das Leben auf dem Bildschirm als "Sinnbild postmoderner Identität".
Die Differenz zwischen dem LOOK - dem Aussehen - und dem Selbst hat in diesen Online Umgebungen konstitutive Signifikanz für die Konstruktion des modernen Subjektbegriffs, wobei genau hier die Unschärfen der bisherigen sich revolutionär gebarenden Theorien zur Subjektkonstruktion in elektronischen Netzen aufzudecken sind. Das propagierte Konzept eines fragmentierten fluiden Selbst enthält die kaum aufrechtzuerhaltende Annahme einer möglichen autonomen Selbstkonstruktion in vernetzten Multiuser-Umgebungen. Ausgehend von einer Analyse der Art und Weise, wie die Konstruktion virtueller Identität im Netz stattfindet, können historische Deutungsangebote zur Schaffung fiktionaler Identitäten verglichen werden. Den Ausgangspunkt bilden Selbstinszenierungsprozesse und Selbstentwürfe über Literatur. Dabei muß auf die historische Einschränkung der realweltlichen Subjektivität verwiesen werden, die als Folge eine Hinwendung zum Fiktiven hatte, was wiederum zu einer Neuinterpretation von Identität über Text und Verweissysteme führte, vergleichbar der romantischen Bibliothek, dem Personal Bookmarks System oder Personal Links auf einer Website.
Die Konstruktionen fiktionaler Identitäten und Con-Dividualitäten sind subversiv-manieristische Taktiken in der Auseinandersetzung mit Technologien des Selbst, ähnlich den Winkelgängen der deutschen Romantik. Einer radikal konstruktivistischen Theorie des Spiels folgend werden Notationen der westlichen Philosophie zu Identität, Individualität, Werten und Wahrheit unterwandert. Der kulturelle Terrorist Luther Blisseth31 etwa ist eine solche Multität, die sich von gesellschaftlich etablierten Vorstellungen der Subjekteinheit und des kohärenten Selbst löst. Online-Identitätshülsen finden im Netz ihre Verkörperung, ähnlich dem erprobten Real Life Modell El Subcommandante Marcos, der als maskierter südamerikanischer Zappatistenführer seine faciale Identität verbarg und so zu einer von jedem benutzbaren Maske eines politischen Aktivisten/Avatars wurde (sein tatsächliches Konterfei als Idenittätsfixierung ist unbekannt). Gegenbeispiel einer facialen Ikone, die noch eine geschlossene Identität verkörperte, wäre das noch den Televisionsmedien verhaftete Gesicht Che Guevaras, dessen Face - das Face2Face - zum Interface32 einer an eine Identität gebundene Inhaltichkeit wurde.
Abschliessend bleibt nur darauf hinzuweisen, dass in der neorechtspopulistischen Realität Europas nach diesen Überlegungen konstituierte Online-Identitätshülsen zum Mittel/Tool/Waffe der politischen Intervention der in Östereich sogenannten "Internetgeneration"33 in realen Lebenszusammenhänge werden könnten. Denn neben konkreten Server-Identitäten und deren über ihr URL-Face klar zuordenbaren Solidarität-Sites, gilt es nun - metaphorisch gesprochen - um einiges lauter als in der deutschen Romantik zu formulieren: "Jeder ist El Sub!"
"Avatars are not supposed to die. Not supposed to fall apart… The Graveyard Daemons will take the avatar to the Pyre, an eternal underground bonfire beneath the center of The Black Sun, and burn it. As soon as the flames consume the avatar, it will vanish from the Metaverse, and then its owner will be able to sign on as usual, creating a new avatar to run around in. But, hopefully, he will be more cautious and polite next time." Neal Stephenson, Snow Crash, 1991, p. 102-103.
"Well, in the beginning of the net there was the word, with email, usenet, MUDs and other ingredients of an all-textual online experience. Next came the document, with the Web and its many offshoots. And now finally we are moving toward putting the space in Cyberspace with the rise of graphical virtual worlds inhabited by people interacting in real-time using digital personae known as "avatars", your visible alter ego in cyberspace." http://www.ccon.org/conf99/aboutframe.html
"It is your body double in Cyberspace, your presence in the virtual communities growing inside two and three dimensional virtual worlds online."
Bruce Damer, Avatars! Exploring and Building Virtual Worlds on the Internet, Peachpit Press, Berkeley 1997, http://www.digitalspace.com/avatars/index.html
"... Avatars99 colony ship, destined for new worlds in cyberspace. ....any of you out there have built worlds, created communities. ...a greater Cyberspace. ... that takes its inspiration from the Matrix in William Gibson's Neuromancer and from the Metaverse in Neal Stephenson's Snow Crash. This is a Cyberspace of inhabited virtual worlds, worlds which will take you way beyond the web. This is not just an interface, it is a real place!"
"Avatars99 Colonizing Cyberspace." The Fourth Annual Conference on Inhabited Cyberspace Oct 30-Dec 4th, 1999. http://www.ccon.org/conf99/index.html
"An avatar is a 3D representation of you that other people can see when you are chatting or building. Our avatars even have the ability to run, jump, fly, dance, and express a whole host of emotions and actions! " http://www.activeworlds.com
"Fashioning Vishnu in Spacetime: Avatara: incarnations of Vishnu from age to age, descents of the deity into the world to correct imbalances. Inherently multiple versions of self; toolbox identities to get the job done; compromised bodies with purposes in lesser worlds. Designs by which to inhabit designs. Ten embodiment-versions like wishes, the last one requesting ten more wishes: Meta-meat.... Architecture bursts into three: liquid architecture in cyberspace, transarchitecture at the hybrid linkage of physical and virtual space, and avatarchitecture, the design of self and other in augmented space." Marcos Novak, 1997 bei 5th Cyberconf Oslo
1 Das UNREAL Tournament, www.unrealtournament.com, ist der tägliche Online Kampf zwischen gleichzeitig 3000 und mehr Avataren, die um virtuelle Ehre für ihr Team spielen. Rot oder blau- nicht politisch gesehen -, capture the flag oder shoot them up als 3rd Person Game, bei dem man seine und die Verkörperung anderer und deren Aktionen, im Regelfall Kills, in Echtzeit 3D Umgebungen im Netz repräsentiert sieht. Die Spieler bewegen sich als Digital Selfs, Avatare durch die Tournaments und ihre Gruppenstatistiken bilden Daten-Selbstrepräsentationen bzw. Datavatars (so lautet der Titel der Daten VRMLObjekte von Margarete Jahrmann, http://www.konsum.net/fem).
Die Taktik des Tournament differenziert Subversion weiter aus, indem sie bestehende ästhetische oder formale Gegebenheiten umdreht und verkehrt. Diese Verfahrenslogik etablierte sich insbesondere mit der Situationistischen Internationale, erinnernd an die verschiedenen politischen "Internationalen", die sich in den ersten Jahrzehnten des 20 Jahrhunderts auch im Zuge politischer Umwälzungen ausformuliert hatten. Surrealismus, Montage und CutUp sind nun Techniken, die sich in der aktivistischen Netztradition am Beginn des 21. Jahrhunderts wiederbelebt finden.
2 "'VRML worlds' got their name from an original goal of VRML: shared virtual worlds on the Internet. A VRML file is a plain UTF-8 or ASCII (a subset of the UTF-8 character set) text file."
http://home.hiwaay.net/~crispen/vrmlworks/faq/faq1.html
3 DJ Spooky, a.k.a. Paul D. Miller spricht in seinem Booklettext zur CD "Songs of a Dead Dreamer", Asphodel Records 1996, von Objektilen.
4 Auf eben jene soziologische Verflochtenheit ging die von 1998-99 von M. Jahrmann und C. Schneebauer realisierte Vorlesungsserie mit Real Video WebCast, Mailinglist und Website mit dem Titel "Intertwinedness" ein, http://intertwine.aec.at
5 Ravi Sundaram, Kulturwissenschaftler am Center for the Study of Developing Societies in Dehli beschreibt Grenzen der technologischen Potenz im Land der Avatare: Indien liegt an der Peripherie der industriellen Macht, ist aber nicht nur weltweit grösster Film und Videoproduzent der B Klasse, sondern mittlerweile auch grösster Softwareproduzent. Cyberbraceros (=bracero mexican.Hand) halten dieses System der Ausbeutung aufrecht. Indische Handarbeit am Keyboard ist billig und dank Netzwerk im Silicon Valley gefragt. Indien ist mit einer neuen Umgebung von telematischen Arbeitern konfrontiert. Exemplarisch ist die Wechselwirkung von wachsender Billig-Softwareindustrie und dem staatlichen Panoptikum von Kontrolle über den Netzzugang und Connectivity aufgrund der nach Meinung einer Staatskaste zu erhaltenden Grenze im postkolonialen Indien. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Gleichsetzungen modernistischer Entwicklungsprinzipien mit neuen Cyber-Metaphern (z.B. Neheru als Regierungsschef mit dem Laptop als Symbol des Fortschritts).
6 MUDs sehen sogenannte "Technopagans" als Schattenwelt, als eine weitere Dimension der "realen" analogen Welt. Vgl. http://www.race.u-tokyo.ac.jp/RACE/TGM/Mud/habitat.html
7 On "Labyrinth", http://www.vrml.org/wwww-vrml/concepts/pesce-wwww.html
8 vgl. J.C. Herz, "Joystick Nations, New York 1997
9 "... some of the gems I´ve found on my tour through Indra´s Net", Marc Pesce, http://www.hyperreal.com/~mpesce
10 Erik Davis, Science Fiction Autor aus San Francisco führt theoretische Bedingungen des Indra_ net und der Techgnosis für Net_Life_Indra_Net aus in "Lance Daybreak's Digital Dharma", http://www.levity.com/figment/indranet.html
11 Neal Stephenson, "Diamond Age", Peachpit Press, Berkeley 1995
12 "The Lawn Mower Man is one of the commercially released films featuring 'virtual reality' images, which are in fact only computer images. ...The images of penetration of the brain are crucial to the visual impact of this film: it is all about 'opening up' to the influence of a higher power. You can compare this to Cronenberg's 'invaginated' male bodies, penetrated by the cathode tube radiations of Videodrome and more recently to the brains implants in Johnny Memonic. Thanks to this technology, the retarded man blossoms first into a normal boy, then grows into a superhuman figure. ..The film implicitly raises questions about the interaction of sexuality and technologies, and both of them as forms of masturbatory and masculinist power.", Rosi Braidotti, "Re-figuring the subject" in Nomadic Subjects, Columbia University Press, New York 1994. http://www.let.ruu.nl/womens_studies/rosi/cyberfem.htm
13 Wie andernorts angeführt, http://www.ix.de/tp/deutsch/pop/topic_0/4018/2.html, basieren Avatars auf Computerspiel-Umgebungen wie Dungeons and Dragons.
14 Blaxxun ist eines der ersten Multiuserplugins für VRML Worlds. Die gleichnamige Firma hat Snowcrash Modelle des Cyberspace zum Allgemeingut einer ganzen Generation von VRML-Worldbuildern gemacht. http://www.blaxxun.de/community/index.html
15 "VRML was developed in a community based effort." http://www.vrml.org/about
16 Die Idee, daß die Realität konstruiert sei, sozusagen eine Simulation wird in "Matrix" (Regie L. Wachowsky, 1999) aufgenommen: "The net is as real or fake as you want it to be. afterall, we've seen the matrix, the world is however you project it to be. and if you've seen being John Malkovich, you know that everyone in the world is just your own interpretation of the way they are."
AfroFuturism|Website: http://www.afrofuturism.net
17 Die Kolonisierung des Cyberspace scheint das Hauptanliegen der kommerziellen Multiuserwelten zu sein. Alpha World 1995 die erste und bislang grösste Chatwelt: "With over 37 million objects covering thousands of acres of virtual land in cyberspace, AlphaWorld is the largest and eldest virtual planet on the Internet." http://www.vevo.com
18 Game Engines sind Softwares, die mit einem bestimmten Algorythmus ein Kompressionsverfahren für Echtzeit Rendering von DIS - Distributed Interactive Simulations Umgebungen anwenden. Sie sind auch die Vorausetzung um Multiuser Server einzurichten, die dann eine Repräsentation dereingeloggten User und Daten ermöglichen. Vom Internet aus kann zwar auf diese Grafischen vernetzten Muliuserumgebunen zugegriffen werden, der Unterschied zum Internet Transferprotokoll für Web3D ist der, dass hier die unterschiedlichen privaten Unternehmen eigenen Versionen von Engines mit atemberaubender Geschwindikgkeit entwickeln. Diese werden jedem Käufer einer solchen Game CD zur Verfügung gestellt.
19 Der LAN-Faktor (LAN=Local Area Network) spielt nur für den Human User in der Konfrontation mit dem Bot eine Rolle. Er verschafft ihm einen Vorteil gegenüber der Softwaresimulation. Für die Datenbankanbindung und dynamische Informationsvisualisierung ist der LAN-Faktor unrelevant.
20 Eine Protokollsprachkritik müßte u.a. auf Ted Nelson, auf den sich Hartmuth Winkler in seiner Publikation "Docuverse" (1998) bezieht, ebenso wie Frank Hartmann in seiner "Cyberphilosophy" (1998) oder den Studien Otto Neuraths zur Entwicklung einer universalen pictoralen Sprache, der "Isotypie" im sogenannten roten Wien um 1930 aufbauen.
21 Protos sind im VRML-Standard eigene Transformknoten, die meist aus anderen Applikationen importierte Objekte als eigenen Sprachknoten einführen und als solche weiterhin aufrufbar und benutzbar sind. Sogesehen wird die Sprache selbst ständig erweitert.
22 Weiterführende Texte, Abbildungen und konkrete Beschreibungen zur Realisierung des Schnittstellenexperiments finden sich in: Margarete Jahrmann und O.K Centrum für Gegenwartskunst (Hrsg.), ART_Server Stargate to Netculture", Tritonverlag, Wien 2000.
23 "Ich lebe von E-Mail!", Esther Dyson, "Release2.o, Die Internetgesellschaft", New York 1997
24 Barbara Becker, "Die Inszenierung von Identität in virtuellen Räumen". In: Jahrmann/Schneebauer, Intertwinedness. Überlegungen zur Netzkultur, Ritterverlag 2000, S. 43.
25 http://www.geocities.com/Tokyo/Flats/2135/index.html, Kyoko Date ging 1997 online. Vgl. weiters William Gibson, Idoru, New York 1996.
26 Luddies, die Maschinenstürmer waren das Schreckgespenst des auf Maschinisierung basierenden Kapitalismus im England des 19. Jahrhundets. Vgl. dazu Richard Barbrook, http://www.syntac.net/hoax/ludd.html
27 "Are you real", war der Titel der ersten Single (im Jannuar 2000) des deutschen Pendants zu Kyoko Date, dem virtuellen Popstar, http://www.e-cyas.com
28 Webbie Tokay ist das Produkt eines virtuellen Models des schwedischen Designers Steven Stahlberg, der seine Kreation an Elite Illusion 2K, http://www.illusion2k.com verkauft hat.
29 Vgl. Sherry Turkle, Live on the Screen, New York 1995, Seite 178.
30 Strukturalistische und Poststrukturalistische Philosophen von Lacan, Foucault, Levi Strauss, Althusser über Sartre, Baudrillard bis Senneth können im Netzdiskurs in Bezug auf Kommunikations- und Erscheinungsformen elektronischer Identitäten in Netzwerken gesetzt werden.
31 Luther Blisseth ist eine fiktionale Identität zur politischen Aktion, definiert durch den ironisch subversiven Umgang mit sozialen Organisationsformen. http://www.contrast.org/KG/luther.htm
Vgl. weiters Luther Blisseth und Sonja Brünzels (Hrsg.), Handbuch der Kommunikationsguerilla, Verlag Rote Risse Libertäre Assoziationen, 1997
32 Thomas H. Macho, Das prominente Gesicht, Vom Face-to-Face zum Interface. In: Jahrmann/Schneebauer (Hrsg.), Intertwinedness, Überlegungen zur Netzkultur, Ritterverlag, Klagenfurt/Wien 2000, S. 24 ff.
33 Im Umfeld der Widerstandsaktionen gegen die Beteilgung der Neorechtspopulisten an der Regierung in Österreich entstanden im Februar 2000 eine Fülle von absurden, ironischen und subversiven Sites. Sie beziehen sich auf Server und Domainenames als eigenständiges netzimmanentes semiologisches Tool. Die Notwendigkeit einer URL, des Uniform Ressource Locators, eine einzigartige Adresse im elektronischen Netz, wird zu einer politischen Aussage. Die Zeilen im URL-Field des jeweiligen Internetbrowsers können als konkrete Netzpoesie gelesen werden (z.B.: http://www.gettoattack.net).