Wie lassen sich Gruppen ohne Hierarchie organisieren? Brauchen Menschenmengen eine einheitliche Identität, wie das menschliche Gehirn ein Ich? Benötigt der vernetzte Leviathan einen souveränen Kopf oder eignen sich herumschweifende, anarchische Singularitäten besser, um mit chaotischen Prozessen, Kontingenz und Unordnung zurande zu kommen? Sind Singularitäten mit biologischen Schwärmen vergleichbar, die ohne Anführer ein gemeinschaftliches Handeln organisieren? Wie können die Versprechungen des Individualisierungsprozesses umgesetzt werden? Sind Beziehungen denkbar, in denen Individuen jenseits von Stand und Klasse in neuer Weise als selbstbewusste Singularitäten ihre persönlichen, sozialen und politischen Angelegenheiten formen?

Oder lösen sich im Zuge von Individualisierungsprozessen die letzten Restmengen sozialen und politischen Handelns auf und versinkt die atomisierte Gesellschaft in Apathie? Nähert sich die Individualisierung einem Zustand, der dem Bose-Einstein-Kondensat gleicht; jenem extremen Aggregatzustand, der die Teilchen eines Systems ununterscheidbar macht, da sich alle im quantenmechanischen Grundzustand befinden? Synchronisieren atomare Subjekte ihre Individualität und verhalten sie sich wie ein einziges Superatom? Versetzen die Siegersprachen des Westens – der digitale Code, der Dollar, die Brandmarks der Weltkonzerne, der Kapitalismus, die Image-Industrie und Hollywood – Individuen in einen gleichphasigen Spin? Verdeutlicht das Bose-Einstein-Kondensat, das nur nahe am absoluten Nullpunkt die Teilchen zur Aufgabe ihrer Eigenständigkeit zwingen kann, die soziale Kälte in Form eines zum Konformismus gewordenen Individualismus?

Wo ist die Energie, die durch geringe Zufuhr von Wärme dem System zu neuem Leben verhilft und die Gleichschaltung stört?